Von der Erzieherin bis zum Koch: Eine Kita macht BNE
Die Berliner Kita Augustastrolche ist ein Ort, an dem Kinder nachhaltiges Handeln erleben und lernen. Seit einem Jahr bringt sich das gesamte Team der Einrichtung – von der Erzieherin über den Hausmeister bis zum Koch – in diese Aufgabe ein. Wir fragen nach, wie gut das funktioniert.
Es war das erste Mal, dass sich alle zusammen weiterbilden: Vor genau einem Jahr nahmen 26 Mitarbeitende der Fröbel-Kita Augustastrolche gemeinsam an einer Fortbildung zum Einstieg in Bildung für nachhaltige Entwicklung, kurz: BNE, teil. Mit dabei: die Kitaleitung, pädagogische Fachkräfte sowie das Team der Hauswirtschaft. Die Fortbildung vom "Haus der kleinen Forscher" dauerte einen Tag lang und fand im Garten der Kita statt.
Bei den Augustastrolchen liegt der Schwerpunkt auf Naturpädagogik. Die Mädchen und Jungen gehen regelmäßig in den Wald. Im Garten der Einrichtung gibt es ein großes Insektenhotel und Vogelhäuser, einen kleinen Gemüseacker und es wird Abfall kompostiert. Für manche Erzieherinnen ist Nachhaltigkeit eine Herzenssache. Allerdings gab es vor der Fortbildung fast keine Erfahrung, was das Konzept einer frühkindlichen Bildung für nachhaltige Entwicklung umfasst.
Welche Themen eignen sich dafür? Was möchte man bei den Kindern bewirken? Mit welchen Methoden erreicht man das? Und mit welchen Strategien wird das Handeln in der Kita nachhaltiger? Die gemeinsame Inhouse-Fortbildung lief gut. Sie öffnete bei vielen den Blick für Nachhaltigkeitsbildung, immer nah genug an den Interessen der Kinder. Bei der Fortbildung entstanden gleich vier Projektideen zu den Themen Insektenvielfalt, Wasser und Abwasser, Vielfalt der Früchte und Verarbeitung von Lebensmitteln. Alle Kolleginnen und Kollegen gingen motiviert an die Arbeit.
Der Einstieg in Bildung für nachhaltige Entwicklung hat die Teamarbeit gestärkt
Die Kita hat drei Stockwerke, auf denen insgesamt 160 Kinder ab 8 Wochen betreut werden. Bisher gab es hier wenig Berührung untereinander. Seit der Fortbildung ist das anders. Jetzt werden auch die jüngsten Gruppen in Ideen und Projekte einbezogen, zum Beispiel beim Projekt zur Vielfalt von Früchten. Da haben die Kleinsten in der Küche den Apfel miterforscht und beim Apfelkuchen mitgebacken. In der BNE-Fortbildung lernten die Erzieherinnen und Erzieher auch die Methode des Philosophierens mit Kindern kennen und probierten es später aus, bspw. beim Projekt zum Thema Wasser und Abwasser. „Was wäre, wenn es eines Tages kein Trinkwasser mehr gäbe?“ Aus den unterschiedlichsten Gedanken und Antworten der Kinder ergaben sich wieder neue Ideen. Außerdem feierte die Kita erstmals ein Forscherfest, bei dem gemeinsam das Erdreich unter die Lupen genommen wurde. Hier konnten auch die Eltern erleben, wie spielerisch die Kinder Nachhaltigkeitsthemen entdecken und erforschen.
Bildung für nachhaltige Entwicklung ist ein ganzheitliches Konzept, das Auswirkungen auf alle Bereiche der Kita hat. „Dass neben dem pädagogischen Kollegium auch die Hauswirtschaft bei der Fortbildung dabei war, hat unser Team gestärkt.“, sagt Regina Gall, die die Kita seit über vier Jahren leitet. Dadurch bekamen alle das Gefühl, eingebunden zu sein. Das erleichtert jedem außerdem die eigene Arbeit. Die Verantwortung beim Thema Nachhaltigkeit verteilt sich auf viele Schultern. „Die Ideen, die unser Hausmeister oder unser Koch einbringen, müssen dabei auch pädagogisch eingeschätzt werden. Wir sprechen jetzt gemeinsam darüber, finden Lösungen. Das klappt gut.“, so die Leiterin. Aktuell bauen der Hausmeister und zwei Naturpädoginnen an einer Gartenwerkstatt. Die Wünsche der Kinder werden dabei einbezogen. In der Werkstatt möchte man mit ihnen unter anderem an Fragen zur Bewässerung und zum Wasserkreislauf arbeiten. Und die Kinder können sich kreativ mit Naturmaterialien beschäftigen.
Es ist nicht immer leicht, BNE in der Kita konsequent umzusetzen
Die gemeinsame Fortbildung brachte einen Stein ins Rollen. Alle sind aufmerksamer, was Nachhaltigkeit betrifft. Die Kinder kommen seitdem viel öfter in Berührung mit dem Thema, werden konkret eingebunden und gestalten mit. Trotzdem fällt es nicht immer leicht, BNE in der Kita konsequent umzusetzen. Seit der Corona-Pandemie fällt es zum Beispiel schwer, Projekte mit den Kindern auch längerfristig durchzuführen. Außerdem haben einige Teammitglieder die Kita im Laufe der Zeit nach der BNE-Fortbildung verlassen – und die, die neu anfangen, müssen erst abgeholt werden.
Zweieinhalb Monate nach der Inhouse-Fortbildung besuchten die Fortbildungsreferentinnen vom "Haus der kleinen Forscher" die Augustastrolche ein weiteres Mal. Sie besprachen mit den Teilnehmenden, wie gut sie mit ihren vier Projekten vorangekommen sind und wo es eventuell hakt. Unter anderem hatten Ängste der Kinder die Erzieherinnen verunsichert. Konkret: Wie ließe sich Tierhaltung mit ihnen besprechen, ohne sie zu überfordern? Außerdem wurde überlegt, wie das Team noch besser altersübergreifend mit den Kindern an Projekten arbeiten kann. Regina Gall ist dankbar für diese Ideen und Anstöße von außen. Sie sind eine große Hilfe im Kita-Alltag, der oft nicht leicht ist. Sie hat es zum Ziel erklärt, die Naturpädagogik und BNE in ihrer Einrichtung zu vertiefen und noch mehr Wissen und Verständnis dafür aufzubauen. Darauf weist sie auch in jeder Stellenausschreibung hin, damit jedes neue Teammitglied weiß, was der Fokus ist.