Woher kommt in Zukunft unsere Energie?

Über diese Frage haben wir mit Prof. Dr.-Ing. Volker Quaschning gesprochen. Er ist Professor für das Fachgebiet Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und prominenter Unterstützer erneuerbarer Energien. Wofür wir Energie nutzen und wie wir unseren Energieverbrauch senken können – auch darum geht es im Interview.

Woraus gewinnen wir in Zukunft Energie?
In der jüngeren Vergangenheit haben wir Energie im Wesentlichen aus fossilen Quellen wie Kohle, Öl und Gas gewonnen. Und manchmal denken wir, das war schon immer so. Aber eigentlich ist es nicht mal 300 Jahre her, da haben wir nur Wind, Wasser und Biomasse als Energiequellen genutzt, also erneuerbare Energien. Die werden wir auch in Zukunft wieder zu 100 Prozent nutzen bzw. nutzen müssen, wenn wir unser Klima retten wollen. Mit dem Schwerpunkt auf Sonne und Wind.
Wir in Deutschland oder wir auf der ganzen Welt?
Das betrifft die ganze Welt. Es wird unterschiedlich sein, ob in einem Land mehr Sonnen- oder mehr Windenergie genutzt wird. Und es wird vielleicht Ausnahmen in Ländern wie Island oder Norwegen geben, die auch Geothermie oder viel Wasserkraft nutzen. Bei uns in Deutschland werden wir im Wesentlichen eine Kombination aus Sonne und Wind haben. Wobei Solarenergie die billigste Variante der Energiegewinnung ist. Andere Technologien – wie Wasserstoff – werden nur eine kleine Rolle spielen, weil sie zu teuer sind.
Und wie steht es mit der Wasserkraft?
Um mit Wasserkraft Energie zu gewinnen, braucht es einen großen Fluss mit Höhenunterschieden. Daher ist der Einsatz begrenzt. Fast überall, wo es geht, nutzen wir in Deutschland die Wasserkraft aber bereits, an der Isar zum Beispiel.
Wandel braucht eigentlich Zeit und genau die haben wir nicht.
Prof. Dr.-Ing. Volker Quaschning
Gibt es weitere potenzielle Energiequellen, an denen heute geforscht wird und die uns in Zukunft zur Verfügung stehen könnten?
Im Prinzip kennen wir sämtliche Technologien. Die Solarenergie ist die jüngste. Sie wurde in den 1950er-Jahren entwickelt. Bei allen Technologien kann man noch etwas verbessern und die Kosten senken. Mehr als die Technologien, die wir kennen, brauchen wir aber nicht. Die Herausforderung ist jetzt, das Alte zu ersetzen und das Neue auf- bzw. auszubauen – und das möglichst schnell. Allerdings gibt es gerade viele Widerstände dagegen.
Woher kommen diese Widerstände?
Mit Wandel sind immer Ängste und Unsicherheiten verbunden. Es gibt ja ein System, das lange gut funktioniert hat. Dieses funktionierende System soll jetzt plötzlich verändert werden. Arbeitsplätze in bestimmten Bereichen fallen weg und das bereitet Menschen Sorge. Wandel braucht eigentlich Zeit und genau die haben wir nicht.

Welche aktuellen Entwicklungen begeistern Sie im Moment beim Thema Energie?
Ich bin fasziniert von dem, was in den vergangenen Jahren in Sachen Batterien passiert ist. Die Leistungsfähigkeit ist immer weiter gestiegen, während die Kosten stark fallen. Das hätte man sich so vor 20 Jahren noch nicht vorstellen können. Aber so können wir die Batteriespeicher jetzt gut mit anderen neuen Technologien verheiraten. Technologien wie etwa dem Elektroauto. Mit der Batterie eines Elektroautos können Sie inzwischen theoretisch eine Woche lang den gesamten Strombedarf eines Einfamilienhauses decken.
Wofür verbrauchen wir Menschen besonders viel Energie?
Die erste Energienutzung der Menschen war Brennholz zum Feuermachen, um Licht und Wärme zu bekommen. Heute nutzen wir Energie immer noch, um Licht und Wärme zu bekommen, es sind aber viele Dinge dazugekommen: Wir verbrauchen beispielsweise viel Energie für unsere Transportmittel und für all die technischen Geräte, die wir nutzen.
Die größere Chance für Kitas und Grundschulen liegt in der Bewusstseinsbildung.
Prof. Dr.-Ing. Volker Quaschning
Wie viel von unserem derzeitigen Energieverbrauch können wir uns in Zukunft noch leisten?
Theoretisch könnten wir weitermachen wie bisher, allerdings bräuchten wir dafür extrem viele Solar- und Windkraftanlagen. Das wiederum hieße, wir müssen sehr viele Flächen belegen. Wenn wir das nicht wollen, müssen wir uns einschränken.
Ein anderer Gedanke: Wir Deutschen machen mit Energie zahlreiche klimaschädliche Dinge, die sich viele andere auf der Welt nicht leisten können, in den Urlaub fliegen zum Beispiel. Auch hier sollten wir uns als Gesellschaft überlegen: Müssen wir uns das leisten? Der Umstieg auf erneuerbare Energien muss schnell gehen und beim Fliegen ist das schwierig. Daher wäre es besser, möglichst darauf zu verzichten.
An welchen Stellschrauben können wir noch drehen, um unseren Energieverbrauch zu senken?
Am Ende geht es um mehr als den reinen Energieverbrauch. Meine Studierenden lasse ich deshalb im ersten Semester immer einmal ihre CO2-Bilanz berechnen. Dafür gibt es einen Rechner vom Umweltbundesamt. Damit findet man heraus, wo man besonders viel CO2 verbraucht und wie sich das ändern lässt. Das kann beispielsweise eine fleischlose Ernährung sein oder eben der Verzicht auf den Urlaubsflug.
Und wenn Sie an Kitas, Horte und Grundschulen denken?
Hier ließe sich sicherlich am ehesten etwas am Strom- und Wärmeverbrauch ändern: Licht ausmachen, wenn man es nicht braucht, Raumtemperatur senken, stromsparende Geräte verwenden. Alle größeren Änderungen würden das Gebäude betreffen und da können die einzelnen Mitarbeitenden nicht viel machen. Ich denke, die größere Chance für Kitas und Grundschulen liegt in der Bewusstseinsbildung. Darin, mit Kindern über Energie oder eine fleischlose Ernährung zu diskutieren oder vielleicht sogar mal eine Windkraftanlage zu besuchen und das Thema so von den Kitas aus auch zu den Eltern zu bringen.
"Forscht mit!" zum Thema "ZZZAP! BÄM! Mit Energie in die Zukunft"
Das Interview ist in der "Forscht mit!"-Ausgabe Nr. 1/2025 erschienen.
Diese Magazinausgabe ist das Aktionsmaterial für unsere Aktion MINTmachtage. Unter dem Motto "Zzzzap! Bäm! – Mit Energie in die Zukunft!" dreht sich alles um Energiequellen der Zukunft, die uns einen nachhaltigen Umgang mit unserem Lebensraum Erde ermöglichen. Welche Energie brauchen wir in Zukunft? Pädagog:innen finden Anregungen, um sich mit den Kindern auf eine Reise in die Zukunft zu begeben: um beginnend bei sich selbst sowie in ihrem Alltag und dann darüber hinaus mit diesem Thema zu beschäftigen.