Hand in Hand: Kita-Entwicklung und BNE gestalten

Kinder legen ihre Hände zusammen
© Christoph Wehrer / Stiftung Kinder forschen

Was hat Kita-Entwicklung mit Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) zu tun? Warum gehört für uns beides zusammen und wie kann sich eine Kita diesen Aufgaben nähern, ohne sich zu überfordern? Darüber haben wir mit unseren Projektleiterinnen Irina Bitter und Ute Krümmel gesprochen. 

Irina Bitter bei der Informationsveranstaltung zum Programm „KiQ – gemeinsam für Kita-Qualität: Wenn Entdecken und Forschen zum Alltag werden“
© René Arnold / Siemens Stiftung

Kita-Entwicklung ist ein sperriger Begriff. Wenn du einer Bekannten darüber berichten würdest, wie würdest du ihn erklären und warum ist es überhaupt wichtig, eine Kita „zu entwickeln“? 

Irina Bitter, Projektleiterin Kita-Entwicklung: 

Der Besuch einer Kita ist für Kinder aus vielen Gründen ungemein bedeutend. Die Kita ist ein Sozialort und der erste Bildungsort, den Kinder besuchen. Hier wird der Grundstein für ihren weiteren Bildungsweg gelegt. Solch ein entscheidender Ort muss als Institution gesellschaftlich anerkannt sein und sich als moderne Organisation ständig weiterentwickeln. Nur so können Kitas auf Herausforderungen wie Personalknappheit,   Anforderungen an Bildungsqualität und auch gesellschaftliche Veränderungen reagieren. Diese Überzeugung ist der Grund und der Motor für Kita-Entwicklung. Sie ist der Antrieb für die stetige Weiterentwicklung des Bildungsortes, des Kita-Teams und der Organisation als Ganzes – und das alles immer mit dem Fokus auf das Kind. Bei Wirtschaftsunternehmen müsste ich nicht erklären, warum es wichtig ist, dass sich Teams und Organisationen weiterentwickeln sollten. Ich bin froh, dass sich diese Erkenntnis nach und nach auch in den Bildungsbereichen durchsetzt.

Bei Wirtschaftsunternehmen müsste ich nicht erklären, warum es wichtig ist, dass sich Teams und Organisationen weiterentwickeln sollten.

Irina Bitter, Projektleiterin für Kita-Entwicklung
Ute Krümmel, die BNE-Projektleiterin der Stiftung Kinder forschen, spricht auf der BNE-Fachtagung 2022
© Thomas Ernst / Stiftung Kinder forschen
Ute Krümmel, die Projektleiterin BNE der Stiftung Kinder forschen, spricht auf einer BNE-Fachtagung im Jahr 2022.

Bei BNE geht es um globale Zusammenhänge und die Zukunft von uns allen. Wie gelingt es, das Konzept schon für Kita-Kinder erlebbar zu machen? 

Ute Krümmel, Projektleiterin Bildung für nachhaltige Entwicklung:  

Kinder sind neugierig auf das, was um sie herum passiert und nehmen positive, wie negative Entwicklungen in der Welt wahr. In der Kita sind Jungen und Mädchen Teil einer Gemeinschaft und setzen sich mit ihrer Umwelt auseinander. Bei Bildung für nachhaltige Entwicklung geht es auch darum, die Natur als unsere Lebensgrundlage wertzuschätzen. Das ist genau das, worauf BNE abzielt: Kinder lernen, dass sie ein Teil der Welt sind, dass ihr Handeln Auswirkungen hat und sie selbst etwas bewirken können. Bei dieser Selbsterfahrung begleiten sie die pädagogischen Fachkräfte – ob bei Naturerfahrungen im Kita-Garten, beim gemeinsamen Entdecken oder Philosophieren. 

Was begeistert dich persönlich an BNE? 

Ute Krümmel:  

Ich bin der Überzeugung, dass nachhaltiges Handeln neben Rechnen, Lesen, Schreiben zu einer der Basiskompetenzen werden sollte. Das geht nicht ohne gute frühe Bildung. Seit 2016 arbeite ich beim Forum Frühkindliche Bildung mit. Hier arbeiten wir im Rahmen des Nationalen Aktionsplans daran, BNE bis 2030 fest in der gesamten Bildungskette, also auch in der Elementarbildung zu verankern. Denn die 17 Nachhaltigkeitsziele, auf die wir uns als Weltgemeinschaft verständigt haben, können wir ohne Bildung nicht erreichen. 

Ich bin der Überzeugung, dass nachhaltiges Handeln neben Rechnen, Lesen, Schreiben zu einer der Basiskompetenzen werden sollte.

Ute Krümmel, Projektleiterin für BNE

Wie viel Kita-Entwicklung steckt in BNE?

Ute Krümmel: 

Um BNE in Einrichtungen zu verankern, ist Kita-Entwicklung notwendig. Ziel ist es, dass die Kita ein beispielhafter Lernort für nachhaltiges Handeln wird. In der BNE spricht man vom „Whole Institution Approach“, der sich auf alle Aktivitäten und alle Mitarbeitenden in der Kita bezieht. „Whole Institution“ meint dabei wirklich alle: Das Hauswirtschaftspersonal genauso wie pädagogische Fachkräfte oder Eltern – alle werden mit einbezogen. Denn um Veränderungen anzustoßen und dauerhaft umzusetzen, ist die Unterstützung der Elternschaft genauso gefragt, wie die des Trägers oder der Hauswirtschaftskräfte. 

Welche besonderen Herausforderungen gibt es, wenn man das gesamte Kita-Team für Veränderungsprozesse mitnehmen und begeistern möchte?

Ute Krümmel: 

Mit vielen involvierten Personen gehen natürlich immer auch viele Perspektiven einher, die berücksichtigt werden müssen. Eine besondere Rolle nimmt die Kita-Leitung ein. Sie steht vor der Herausforderung, möglichst alle ins Boot zu holen, partizipative Prozesse zu gestalten und als Steuerfrau oder Steuermann den Überblick zu behalten. 

Irina Bitter:  

Stellen wir uns ein Segelboot vor. Damit es fährt, braucht es Segel und Wind. Rückenwind kann von den Eltern und dem Träger kommen, die bestenfalls beide die Vorhaben der Kita unterstützen. Wenn alle an einem Strang ziehen und die Segel gemeinsam setzen, kann die Kita auch Stürme durchfahren und gestärkt heraustreten. Eine gute Kommunikation, aber auch Kursanpassungen aufgrund von Erfahrungen oder sich ändernden Rahmenbedingungen, sind essenzielle Reisebegleiter. Wichtig ist, dass alle die Ziele klar vor Augen haben: Kita-Qualität verbessern, sich nachhaltig aufstellen und die Kita als Bildungsort stärken.  

Welcher Aspekt begeistert dich persönlich am Thema Kita-Entwicklung und warum?

Irina Bitter:  

Mich begeistert vor allem, dass unsere Fortbildungsangebote auf ein klares Ziel mit großer Wirkung abzielen: einen Haltungswechsel. Und zwar bezogen auf die vielen Lerngelegenheiten für frühe MINT-Bildung, die aus alltäglichen Situationen entstehen können. Der Kita-Alltag steckt voller wunderbarer Anlässe zum Entdecken und Forschen. Es beginnt beim Ankommen und endet beim Ankleiden für den Nachhauseweg. Wie riecht ein gefundener Kiefernzapfen? Wie funktioniert der Reißverschluss meiner Jacke? Pädagogische Fachkräfte, die unsere Fortbildungen besucht haben, berichten mir oft von einem neu gewonnenen Blick auf die Dinge des täglichen Tuns. Wer mehr zu alltagsintegriertem Forschen nachlesen möchte, findet auf unserem Campus viele Praxistipps unserer Community: von einer Regenrinne, die in einer Kita nun als „Sause-Station“ Geschwindigkeit begreiflich macht oder Tipps zu Materialreduktion wie dem „Pappetag“. Dass unsere Angebote wirken und inspirieren, macht mich glücklich.  

Welche Angebote würdet ihr für einen Einstieg in BNE und Kita-Entwicklung empfehlen?

Irina Bitter: 

Als individueller Einstieg passt der Online-Kurs Veränderung gestalten – Einstieg in die Kita-Entwicklung. Hier kann man ganz einfach und im eigenen Tempo etwas zu den Stellschrauben im Veränderungsprozess, der Relevanz des ganzen Teams und der Rolle als Leitungskraft erfahren. In unserer neuen Inhouse-Fortbildung Stark im Team kommen wir mit einer:m Trainer:in in die Einrichtung und nehmen uns vor Ort Zeit, alle an Bord zu holen.

Ute Krümmel: 

Um einen Einstieg in das Konzept der BNE zu finden, bietet sich der Online-Kurs Einstieg in Bildung für nachhaltige Entwicklung an. Darin lernen die Pädagog:innen, wie sie BNE in ihren Praxisalltag integrieren und alltägliche Situationen als Lerngelegenheiten nutzen können. Für die, die direkt thematisch einsteigen möchten, empfehle ich unsere regionale Fortbildung Konsum umdenken - entdecken, spielen, selber machen. Hier befassen sich die Pädagog:innen mit einem Thema, das Kinder jeden Tag und gerne tun: dem Spielen. Auch dazu gibt es ein begleitendes Online-Angebot auf unserem Campus

Portrait von Stephanie Eschen
Autor/in: Stephanie Eschen

Ich bin Referentin für Kommunikation in der Stiftung Kinder forschen.

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Portrait von Winona von Vlahovits
Autor/in: Winona von Vlahovits

Als Referentin für Digitale Kommunikation und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) denke ich zusammen, was zusammengehört: MINT-Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung. Ich bin überzeugt: MINT-Bildung für nachhaltige Entwicklung macht Kinder stark für die Zukunft und hilft uns dabei, eine nachhaltige und gerechte Welt zu gestalten.

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