Wie eine Kita in Dresden das Sonnensystem erforscht

Ein Mann und fünf Kinder stehen im Kreis. Jedes Kind hält einen aufblasbaren Planeten in der Hand.
© Kita Hutbergstrolche
Dieses Sonnensystem kann man aufblasen

An der Kita „Hutbergstrolche“ in Dresden-Weißig forschen einmal im Monat Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom nahen Helmholtz-Zentrum mit den Kindern. Um ein Gefühl für die Trabanten unserer Sonne zu bekommen, stellten die Vorschulkinder Planetenbahnen auf dem Kita-Gelände nach.

„Können Sie nicht mal was machen?“ Zwölf Jahre ist es her, dass Jürgen Faßbender mit dieser Frage konfrontiert wurde. Er war damals nicht nur Professor, der am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) Materialien mit Ionen bestrahlte, um deren Eigenschaften zu verbessern, sondern auch recht frischgebackener Vater. Sein Arbeitgeber kooperierte mit der ASB-Kita „Hutbergstrolche“ im Osten der Landeshauptstadt. Bisher hatte diese Kooperation vor allem darin bestanden, Kita-Plätze für die Helmholtz-Beschäftigten anzubieten. Auch Faßbender hatte davon profitiert. Die Frage, ob das Zentrum im Gegenzug ein bisschen Begeisterung für MINT in der Kita wecken könnte, beantwortete er daher gerne mit Ja.

Für Faßbender war direkt klar: „Wenn wir nur einmal was machen, verpufft das ja sofort.“ Der gebürtige Rheinländer rekrutierte zehn Mitarbeitende im Haus, die sich Versuche für das Forschen mit den Kita-Kindern überlegten. Das verteilte den Aufwand an Arbeitszeit gleichmäßig im Team und ermöglichte ein regelmäßiges Angebot. Faßbender gibt gern zu, dass nicht alles sofort reibungslos über die Bühne ging. „Am Anfang haben wir uns ein bisschen schwergetan, unser Wissen runterzubrechen“, sagt er. Auch die Eltern reagierten bei den ersten Besuchen etwas entgeistert auf die Geschichten, die ihre Kinder zu Hause erzählten. Danach brachten die Helmholtz-Forschenden Handouts mit, die den Eltern erklärten, was sie mit den Mädchen und Jungen erkunden.

Kids mit Grips

Heute ist die Kooperation „Kids mit Grips“ ein fester Bestandteil des Kita-Angebots. Einmal im Monat kommt ein Teammitglied des HZDR morgens in die Einrichtung und erforscht mit den Vorschulkindern Themengebiete wie Strömung, Schwerkraft oder Elektrostatik. Die Mädchen und Jungen werden dabei in Kleingruppen eingeteilt und sind rund 20 Minuten im vom HZDR eingerichteten Forschungslabor.

„Sie machen die Sachen mit den Kindern, an die ich mich positiv aus meinem eigenen Physikunterricht erinnere“, sagt Kita-Leiterin Sandra Kurzmann. Begeisterung beobachtet sie nicht nur bei den Kindern, sondern auch bei den Forschenden: „Sie sind total stolz, dass sie das Projekt mit uns machen“, meint sie. Einige HZDR-Beschäftigte sind seit der ersten Stunde dabei, andere kamen über die Jahre neu dazu. „Es ist schon manchmal lustig, zu sehen, wie sie sich immer mehr auf die Kinder einlassen“, erklärt sie. Punktuell gebe es auch die Gelegenheit, den ein oder anderen pädagogischen Tipp zu platzieren.

Ein Mann und fünf Kinder sitzen um einen Tisch auf dem ein Globus steht. Der Mann leuchtet mit einer Taschenlampe. Ein Kind hält eine Kugel.
© Kita Hutbergstrolche
Nils Schmeißer erklärt, wie Erde und Mond zueinander stehen.

Es ist Wissenschaftskommunikation

Passend zum aktuellen Wissenschaftsjahr sind auch Astronomie-Themen Teil des HZDR-Curriculums. Gemeinsam mit Nils Schmeißer, der sonst zu Mensch-Maschine-Interaktionen forscht, entdeckten die Mädchen und Jungen nicht nur, wie die Jahreszeiten entstehen und was Sonnenflecken sind. Mithilfe von aufblasbaren Planeten stellten sie auf dem Gelände der Kita auch das komplette Sonnensystem nach. „Das sorgte für viel Heiterkeit“, erinnert sich Kurzmann, „alle Kinder wollten mitmachen.“

Insgesamt bewertet sie die Zusammenarbeit als ein „sehr lohnenswertes Projekt“ und empfiehlt anderen Kita-Leitungen, sich in der Umgebung ebenfalls nach Institutionen umzusehen. Auch Faßbender, dessen drei Söhne die Kita längst hinter sich gelassen haben, zieht nach zwölf Jahren eine positive Bilanz. Für ihn ist die Kooperation eine Investition nicht nur in das naturwissenschaftliche Interesse der Mädchen und Jungen, sondern auch in Öffentlichkeitsarbeit. 2020 wurde das „Kids mit Grips“-Team auf seinen Vorschlag hin mit dem Wissenschaftskommunikationspreis des HZDR ausgezeichnet. „Das finde ich schon ziemlich super, diese Wertschätzung.“ In der Stimme des sonst sehr ruhigen Physikers schwingt spürbarer Stolz mit.

Forscht mit!

Diese Reportage erschien auch in Ausgabe 1/2023 unserer Zeitschrift "Forscht mit!" zum Thema "Universum". Kinder lieben es, in die Rolle einer Astronautin oder eines Astronauten zu schlüpfen. Mit dieser Ausgabe können Sie sie auf einer Reise ins Weltall begleiten: von der Erde über die Internationale Raumstation (ISS) bis hin zum Mars. Wo hört die Erde auf und wo fangt der Weltraum an? Welche Sternbilder erkennen die Mädchen und Jungen? Wie groß und wie weit entfernt ist der Mond? Die Sterne und Planeten liegen unvorstellbar weit auseinander. Was sind Planeten überhaupt und welche typischen Merkmale haben diejenigen, die wir kennen? Es erwarten Sie viele spielerische Forschungsideen zum Thema.

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Autor/in: Alexander Matzkeit

Alexander Matzkeit leitet das Projekt "MINT und Leseförderung"

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