Spielend lernen: Fußball als Entwicklungschance
Schahin Imanian, hauptberuflich Hort-Erzieher an einer Berliner Grundschule, bringt seit fünf Jahren seine Leidenschaft und Expertise als Trainer in die Fußball-AG ein und leitet zudem die beiden Schulteams mit Mädchen und Jungen. Im Interview berichtet er u. a., wie der Sport den Teamgeist der Kinder stärkt und sie einen gesunden Umgang mit Erfolg und Misserfolg lernen.
Was ist Ihre größte persönliche Motivation bei der Arbeit mit jungen Fussballspieler:innen?
Für mich als Trainer steht nicht das Fachliche im Vordergrund, sondern die soziale Interaktion mit den Kindern. Ich finde es toll, zu sehen, wie diese sich entwickeln, und merke, wie ich selbst daran wachse. Meine Expertise weitergeben zu können ist ein schönes Gefühl und das motiviert mich sehr.
Es ist vor allem wichtig, dass die Kinder sich ausprobieren können, um ihre persönlichen Stärken zu entdecken.
Schahin Imanian, Hort-Erzieher
Wie fördern Sie individuelle Stärken und Talente in Ihrem Team?
In dieser jungen Altersgruppe setze ich auf häufige Positionswechsel. Es ist vor allem wichtig, dass die Kinder sich ausprobieren können, um ihre persönlichen Stärken zu entdecken. Wenn sich besondere Fähigkeiten für eine Position abzeichnen, lasse ich das Kind überwiegend dort spielen. Das führt zu mehr Erfolgserlebnissen und damit zu einem stärkeren Selbstvertrauen. Natürlich arbeite ich auch mit positiver Verstärkung, indem ich gute Leistungen direkt lobe.
Wie bringen Sie Ihren Spieler:innen bei, mit Niederlagen und Erfolgen umzugehen?
Wir betrachten eine Niederlage nicht als Verlust, sondern als Chance, Fehler zu erkennen, zu korrigieren und zu minimieren. Das gilt auch für unsere Siege. Freude über einen Sieg ist natürlich, genauso wie Enttäuschung bei Niederlagen. Doch unser Hauptaugenmerk liegt darauf, aus jeder Situation für die Zukunft zu lernen. Was lief gut? Was ist noch ausbaufähig? Solche Fragen lenken den Blick von einer reinen Bewertung nach Gewinn oder Verlust zu einer differenzierten Betrachtungsweise.
In der Schule geht es häufig um Einzelleistungen, Sport hingegen fördert das Denken in Teamstrukturen.
Schahin Imanian, Hort-Erzieher
Wie trägt der Sport zur persönlichen Entwicklung der Kinder bei?
Wie bei allen Mannschaftssportarten ist Teamwork das große Stichwort. In der Schule geht es häufig um Einzelleistungen. Im Gegensatz dazu fördert der Sport das Denken in Teamstrukturen. Wir gewinnen zusammen und wir verlieren zusammen und nicht nur, weil jemand das Tor geschossen hat, sondern weil wir als Team erfolgreich agiert haben. Die Kinder lernen, den Erfolg gemeinsam zu feiern und sich selbst und anderen Fehler zuzugestehen.
Wie gehen Sie mit Erwartungen oder Druck um, den Eltern auf ihre Kinder oder das Team ausüben?
Manchmal sehen wir uns mit hohen Erwartungen seitens einiger Eltern konfrontiert, was sowohl bei mir als auch bei den Kindern zu Druck führt. Während ich persönlich gut mit diesem Druck umgehen kann, stellt er für einige meiner Spieler:innen eine Herausforderung dar. Es entsteht ein Spannungsfeld, wenn die Erwartungen der Eltern nicht mit meinen pädagogischen und sportlichen Zielsetzungen übereinstimmen. In solchen Fällen suche ich das Gespräch mit den Eltern und wir finden eine gemeinsame Lösung.
Wie integrieren Sie und die Mannschaft neue Kinder und wie gehen Sie dabei mit Sprachbarrieren um?
Wir haben ein kleines Mentorenprogramm entwickelt, bei dem sich die Führungsspieler:innen der neuen Teammitgliedern annehmen und ihnen alles zeigen und erklären. Das trainiert zum einen die Führungsstärke und trägt gleichzeitig zur gelungenen Integration bei. Sprachbarrieren sind bei uns ebenfalls ein Thema. Glücklicherweise funktioniert im Sport viel über nonverbale Kommunikation. Wenn ich beispielsweise eine Übung erkläre, die manche Kinder nicht verstehen, beobachten sie einfach ihre Teamkolleg:innen.
Wie bewältigen Sie Konflikte innerhalb des Teams und welche Strategien nutzen Sie, um ein positives Teamklima zu schaffen?
Ich lege großen Wert auf präventive Maßnahmen. Um das Gemeinschaftsgefühl zu stärken, organisieren wir Teambuildingaktivitäten, die über den Fußball hinausgehen. Z. B. gehen wir gemeinsam in den Park und spielen dort verschiedene Spiele. Das zielt darauf ab, die Mannschaft in unterschiedlichen Umgebungen zusammenzubringen und sich gegenseitig besser kennenzulernen, was den Teamgeist fördert. Wenn doch mal ein Konflikt entsteht, agiere ich als Mediator. Es ist mir wichtig, dass die Kinder lernen, Konflikte eigenständig zu lösen und so ihre Konfliktlösungskompetenz zu trainieren. Das funktioniert meistens gut, wenn ich solche Gespräche initiiere.
Viele Kinder träumen von einer Karriere als Profi. Wie unterstützen Sie sie darin, diesem Traum nachzugehen und gleichzeitig realistische Erwartungen zu haben?
Träume und Visionen sind essenziell, besonders für Kinder. Natürlich kann nicht jede:r Profi werden, aber die Möglichkeit besteht immer. Es ist nicht mein Ziel, die Erwartungen der Kinder zu dämpfen und sie zu demotivieren. Stattdessen sage ich ihnen, dass Disziplin natürlich wichtig ist, um die eigenen Träume zu verwirklichen, aber es gehört auch Glück dazu. Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein und das kann man nicht immer beeinflussen. Im Endeffekt soll der Spaß am Sport im Vordergrund stehen.