Organisationsentwicklung professionell gestalten

Pädagogische Fachkräfte geben einen Gegenstand mit Essstäbchen weiter
© Stiftung Kinder forschen/Christoph Wehrer
Organisationsentwicklung erfordert Geduld und Flexibilität

Wandlungsprozesse in Kindertageseinrichtungen werden derzeit mit sehr unterschiedlichen Strategien und Methoden gestaltet und gesteuert. Ansätze, die sich mit der Psychologie der Organisation beschäftigen, können helfen, Organisationsentwicklungsprozesse in Kitas professionell zu gestalten. Prof. Dr. Petra Strehmel von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg hat für das Forum KITA-Entwicklung die Literatur zum Thema gesichtet und fünf Praxisbeispiele analysiert.

Organisationsentwicklung (OE) ist keine Sozialtechnologie. Es ist also keine Methode, in der man nur einen Werkzeugkasten aufmacht und mit ein bisschen Schrauben und Hämmern die Organisation verändert. Das stellt Petra Strehmel am Anfang ihres Vortrages klar. Es existiert allerdings bereits viel Wissen darüber, welche Aspekte für OE-Prozesse besonders bedeutsam sind, etwa transparente Kommunikation, Partizipation und Teamentwicklung. Außerdem gibt es erprobte Methoden und Techniken zur Gestaltung von Veränderungsprozessen in Organisationen. Dabei geht es um die organisations- und kontext-spezifische Aktivierung von Wissen, Methoden und Handlungskompetenzen – und das funktioniert auch in der Kita.

Impulse können von überall kommen

Die Anlässe von OE in der Kita können ganz unterschiedlich sein. Manche kommen von innen, etwa ein Wechsel in der Leitung, andere von außen, Gesetzesänderungen zum Beispiel oder jüngst eine globale Pandemie. Denn Kitas sind komplexe Organisationen, Teil eines Systems der Kindertagesbetreuung, in dem Träger, Leitungen, Fachkräfte, Eltern und Kinder miteinander interagieren, umgeben von einem größeren Sozialraum, in dem neben vielen weiteren auch noch Dachorganisationen und Fachpolitik mitmischen. Jede Änderung in einem dieser Systemteile kann den Impuls für eine Veränderung geben, da alle Teile miteinander verknüpft sind.

Entwicklung, erklärt Petra Strehmel, ist ein aktiver Prozess. Menschen müssen dafür selbst tätig werden, die Initiative ergreifen und Prozesse in der Organisation anstoßen. Anforderungen von innen und außen steuern die Entwicklung. Die Entwicklung selbst aber sollte offen sein für verschiedene Ergebnisse. "Organisationsentwicklung ist kein Planungsprozess, bei dem man am Anfang genau weiß, was am Ende herauskommt. Sie ist immer auch ein bisschen ein Abenteuer", sagt Strehmel. Die ideale Organisation ist "vital", wie es Stefan Gesmann und Joachim Merchel genannt haben. Sie ist gleichzeitig offen und stark – auf der einen Seite stabil und Orientierung bietend, auf der anderen beweglich und veränderungsbereit.

Gelingensbedingungen für professionelle Organisationsentwicklung

In der Analyse von Praxisbeispielen, fünf verschiedenen OE-Projekten in Kitas, stellte Petra Strehmel vor allem fest, dass die Dokumentation des Prozesses oft sehr lückenhaft ist. Oft wird gar nicht dokumentiert, die Veränderungen machen sich nur irgendwann im Alltag bemerkbar. Hier besteht noch ein großer Bedarf, um das Lernen für zukünftige Organisationsentwicklerinnen und -entwickler zu erleichtern. Dennoch lassen sich einige Gelingensbedingungen benennen, die OE unterstützen.

  • ein engagiertes und veränderungsbereites Team
  • Unterstützung durch den Träger
  • Instrumente und Kompetenzen zur Organisationsanalyse
  • Transparenz und Partizipation im OE-Prozess
  • Unterstützung durch transferorientierte Fortbildungen und Fachberatung
  • Moderation und Steuerung
  • Kommunikation positiver Veränderungserfahrungen
  • Geduld und Flexibilität

Drei Thesen zur Organisationsentwicklung in Kitas

Abschließend kommt Petra Strehmel zu drei Thesen zur professionellen Gestaltung von Organisationsentwicklung in Kitas:

  1. Gut geführten, "vitalen" Kitas mit einer lernfreudigen Organisationskultur gelingt es besser, sich bei neuen Herausforderungen zu verändern. Das setzt hohe Leitungskompetenzen auch in stabilen Phasen voraus.
  2. Für die Organisationsentwicklung in Kitas liegen bereits professionell gestaltete Konzepte und Instrumente vor, zum Beispiel für die Einführung pädagogischer Konzepte oder für das Qualitätsmanagement. Diese können für andere OE-Prozesse Vorbild sein. Defizite gibt es allerdings in der systematischen Dokumentation und Evaluation.
  3. Vorhaben zur OE in Kitas können auf ein breites Spektrum an theoretischem Wissen und professionellen Methoden aus dem Fachdiskurs über OE zurückgreifen, die für die spezifische Situation von Kitas adaptiert werden können.

Den ganzen Vortrag im Video ansehen

Die Autorin der Expertise

Prof. Dr. Petra Strehmel ist seit 2002 Professorin für Psychologie an der HAW Hamburg. Ihre Schwerpunktthemen sind Personal- und Organisationsentwicklung in Non-Profit-Organisationen, Leitung und Management im System der Kindertagesbetreuung sowie Empirische Forschung und Evaluation. Zuletzt erschien von ihr als Herausgeberin (gemeinsam mit Prof. Dr. D. Ulber) Kitas leiten und entwickeln. Ein Lehrbuch zum Kita-Management.

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Franziska Elgleb ist Referentin für Analysen und Evaluation.

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Autor/in: Alexander Matzkeit

Alexander Matzkeit leitet das Projekt "MINT und Leseförderung"

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