"Tag der Erzieher" statt "Tag der Kinderbetreuung"!

Erzieherin mit Kitakindern forscht im Garten
© Christoph Wehrer/ Stiftung Kinder forschen

Heute, am 9. Mai 2022, jährt sich der "Tag der Kinderbetreuung" zum zehnten Mal. An diesem Tag wird in ganz Deutschland den Erziehungsfachkräften gedankt. Danke sagen ist wichtig, erinnert mittlerweile jedoch fatal an das Händeklatschen in der Corona-Hochzeit 2021, als die Menschen im Lockdown auf den Balkonen standen und dem Krankenhauspersonal Beifall für deren Arbeit spendeten. Eine große und schöne Geste, allerdings auch nicht mehr.
 

Viele Probleme in der Pflege sind weiterhin ungelöst. Das trifft leider auch auf den Bildungsbereich und insbesondere auf den Personalmangel in Kindertagesstätten zu. Laut der Bertelsmann Stiftung fehlen voraussichtlich 230.000 Erzieherinnen und Erzieher den Kitas in Deutschland bis 2030. Es reicht nicht aus, wenn am 9. Mai Eltern und zahlreiche Politikerinnen und Politiker lautstarken Beifall für die „Betreuungsarbeit“ der Pädagogen und Pädagoginnen in den Kitas spenden. Kita verdient mehr: mehr Personal und mehr Qualität! Und müsste dieser Tag nicht eigentlich "Tag der Erzieherinnen und Erzieher" heißen? So wie es auch den "Tag der Lehrer und Lehrerinnen" gibt? Wir täten gut daran, die Bildungsarbeit dieser Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und nicht die reine Betreuung der Kinder. Aus den frühkindlichen Betreuungseinrichtungen sind längst Bildungsorte geworden, einhergehend mit einem sich gewandelten Aufgabenfeld der Pädagoginnen und Pädagogen.

Der Tag sollte im Zeichen der Bildung und nicht im Zeichen der Betreuung stehen!

Michael Fritz

Ich wünsche mir, dass wir beim Danke sagen an das Fachpersonal in Kindertagesstätten nicht vergessen, den Wert ihrer Arbeit für die Zukunft unserer Gesellschaft anzuerkennen, denn pädagogische Qualität in Kitas steht und fällt mit der Qualifikation des Personals und diese geht heutzutage weit über die Betreuungsleistung hinaus. Die Ansprüche an die pädagogischen Fachkräfte sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten enorm gestiegen. Sprachförderung, MINT-Bildung – also Bildung in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – oder Bildung in der digitalen Welt sind nur einige der Inhalte, die heute in den Kitas relevant sind. Es braucht daher gute Bildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Erzieher und Erzieherinnen – damit aus Betreuung Bildung wird!

Portrait von Michael Fritz
Autor/in: Michael Fritz

Von 2013 bis 2024 war ich Vorstand der gemeinnützigen Stiftung Kinder forschen, die sich für gute Bildungschancen aller Mädchen und Jungen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik sowie in der Bildung für nachhaltige Entwicklung einsetzt. Als Vorstandsvorsitzender habe ich vor allem die wirksame Umsetzung der strategischen Ziele der Stiftung und damit die inhaltliche, pädagogische und wissenschaftliche Seite der Stiftungsarbeit im Blick.

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