Seit Jahren versucht der Bund gegen den niedrigen Frauenanteil in MINT-Berufen vorzugehen. Dafür wurden millionenschwere Programme geschaffen, mit denen Mädchen und junge Frauen begeistert werden sollen. Nach Angaben des Bildungsministeriums fließen in die Initiativen jedes Jahr 25 bis 30 Millionen Euro. Allerdings mit nur mäßigem Erfolg. In den vergangenen sechs Jahren hat sich in den technisch-naturwissenschaftlichen Berufen der Frauenanteil lediglich um 1,7 Prozent erhöht. Bildungsministerin Karliczek spricht von einer „positiven Entwicklung“. Thomas Sattelberger nennt diese Entwicklung angesichts der dramatischen Expertenlücke eher beschämend. Laut Sattelberger versuchen die Programme vor allem Interesse zu erzeugen. Andere Faktoren seien jedoch entscheidender. Etwa die „tief verankerten Stereotypen“, von denen die Bildungsexpertin der Grünen, Margit Stumpp, spricht. Gleichzeitig, sagt Stumpp, fehlen Vorbilder. Und schließlich das „mangelnde Selbstvertrauen der Mädchen in ihre Fähigkeiten“, wie es Ulrich Trautwein, Professor für Bildungsforschung an der Universität Tübingen, nennt. „Wenn es schon in der Grundschule heißt, Mädchen sind gut im Lesen, Jungs gut in Mathe, glaubt man irgendwann daran“, sagt er. „Die meisten MINT-Programme kommen daher zu spät“, sagt Trautwein. In den weitergehenden Schulen seien diese Wahrnehmungen schon verinnerlicht, die Initiativen wirkungslos. „Solange es jedoch nicht den politischen Wille dazu gibt, unter anderem weil Fachkräfte auch in typischen Frauenberufen inzwischen Mangelware sind“, so Stumpp, „wird sich am geringen Frauenanteil in den MINT-Berufen nichts ändern.“