"Kindermedien sollten vielfältig sein."

© Stiftung Kinder forschen
Mit dem neuen Kindermagazin "echt jetzt?", von der Stiftung "Haus der kleinen Forscher", der Stiftung Lesen und der Dieter Schwarz Stiftung können Lehrkräfte forschendes Lernen und Lesen im Unterricht in der dritten und vierten Klasse fördern.

Anke Peterson, Journalistin und Kinderbuchautorin, entwickelt Medien für Unternehmen und schreibt Kindersachbücher. Sie hat auch das neue Kindermagazin „echt jetzt?“ für die Initiative MINT- und Leseförderung mitgestaltet. Hier erzählt sie, wie Kinder am besten in Fantasiewelten eintauchen, was gute Kindermedien ausmacht und welche Superkräfte das Leben erleichtern könnten.

© Marion Losse
Anke Peterson

Warum brauchen Kinder Medien?

Anke Peterson: Kinder brauchen Medien, weil sie ihren Wissensdurst stillen wollen. Medien können ihnen kreativen Input geben und ermöglichen ihnen, in Fantasiewelten einzutauchen. Außerdem sind Kinder Nachahmer und haben das Bedürfnis einer Gruppe anzugehören. So wie kleine Kinder keinen Brei mehr essen, sobald sie merken, dass der Rest der Familie feste Nahrung zu sich nimmt, schauen sie sich auch das Medienverhalten der Erwachsenen ab. Wenn sie sehen, dass „die Großen“ fernsehen und auf ihrem Smartphone daddeln, oder Bücher und Zeitschriften lesen, wollen sie das auch tun. Und wir dürfen nicht vergessen: Wir Erwachsenen spüren zwar, dass sich die Medienwelt derzeit rasant verändert. Für die Kinder von heute ist das jedoch ganz normal – sie kennen es nicht anders. Sie sind damit aufgewachsen und haben viel weniger Berührungsängste. Deshalb ist es grundsätzlich eine gute Idee, Kindern Zugang zu Medien zu ermöglichen. Gleichzeitig müssen sie an den Medienumgang zunächst gewöhnt werden, am besten mit altersgerechten Kindermedien.

Wir Erwachsenen spüren zwar, dass sich die Medienwelt derzeit rasant verändert. Für die Kinder von heute ist das jedoch ganz normal – sie kennen es nicht anders.

Anke Peterson, Journalistin und Kinderbuchautorin

Was für Medien brauchen Kinder?

Anke Peterson: Kindermedien sollten vielfältig sein – was die Inhalte und was die Kanäle betrifft. Denn wenn Kinder verschiedene Medien kennen, fällt es ihnen leichter zu entscheiden: Welchen Kanal kann ich nutzen um bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen? Geschichten kann man zum Beispiel am besten in Büchern lesen oder über Hörbücher erfahren. Sie befeuern die Fantasie der Kinder und lassen sie den Rest der Welt für einen Augenblick vergessen. Das geht mit Filmen nicht ganz so gut, weil darin die Bilder vorgegeben sind. Dafür kann man sich mit Filmen wunderbar entspannen.

Mit Sachmedien, wie Magazinen, Büchern oder Podcasts, können Kinder in Ruhe ihrer Neugier auf die Welt und ihrem natürlichen Forscherdrang nachgehen. Animationsfilme hingegen vermitteln komplexe Sachverhalte schnell und direkt. Ein weiterer Bereich sind die Mitmachmedien: alles, was die Kreativität in Schwung bringt und zu Interaktion einlädt. Das funktioniert sowohl auf Papier als auch digital. Im Digitalen gibt es sogar eine prompte Rückmeldung auf die eigenen Aktionen – das ist für Kinder natürlich spannend.

Was ist an Kindermedien anders als an Medien für Erwachsene?

Anke Peterson: Erwachsene sind eher bereit, sich zu „quälen“: Sie lesen mitunter auch schwierige Texte wenn sie an der Information interessiert sind. Kinder machen das nicht: Alles, was Kinder langweilig, unverständlich oder doof finden, wird einfach weggelegt oder abgeschaltet und nicht weiter beachtet. Man muss sie über die richtige Medienaufmachung und passende Themen erreichen. Für Kinder ist das direkte Umfeld viel relevanter als alles andere: Sie suchen in den Medien den Bezug zu ihrer eigenen Lebenswelt, die sie erkunden und verstehen wollen. Wenn der fehlt, ist es so wie mit dem sprichwörtlichen „Sack Reis in China“, mit dem sich niemand beschäftigen möchte. Bei Fantasiegeschichten ist es wieder anders: Da kann der Alltagsbezug nicht weit genug weg sein. Die Figuren haben Superkräfte und erleben Dinge, die einem als Mensch nicht ohne Weiteres passieren. Hier kommt es vor allem darauf an, dass die Geschichte in sich stringent ist. Entscheidend ist: Finde ich einen Zugang, der die Kinder anspricht, sie in das Thema hineinzieht und sie dazu bringt, dabei zu bleiben?

Was ist die besondere Herausforderung bei einem Kindermagazin wie „echt jetzt?“?

Anke Peterson: Wir wollen die Kinder gleichzeitig zum Lesen animieren und ihnen MINT-Themen näher bringen. Dafür müssen wir Anreize schaffen, zum Beispiel über erstaunliche Fakten zu Alltagsthemen – Katzen, die das Wetter vorhersagen etwa oder handballgroße Hagelkörner. Oder auch Forscherfragen wie: Kann man aus einem kleinen Stapel alter Schulhefte eine Sitzgelegenheit bauen? Wie stellt man selber Gummibärchen her? Hinzu kommt: Die Kinder bekommen das Heft in der Schule und haben es sich nicht selbst ausgesucht. Die Kinder, die „echt jetzt?“ im Unterricht erhalten, haben unterschiedliche Interessen, Medienerfahrungen und Lesefertigkeiten. Deshalb versuchen wir vielfältige Zugänge zu schaffen. Das hat zum Beispiel Auswirkungen auf die Textlänge: Wir arbeiten eher mit kurzen Texten für Kinder, die noch nicht so gut lesen können. „echt jetzt?“ soll neben den Kindern auch die Lehrkräfte ansprechen. Daher orientiert sich das Magazin an den Lehrplänen und wir sind nicht ganz frei in der Wahl der Themen.

Die Kinder, die „echt jetzt?“ im Unterricht erhalten, haben unterschiedliche Interessen, Medienerfahrungen und Lesefertigkeiten. Deshalb versuchen wir vielfältige Zugänge zu schaffen.

Anke Peterson, entwickelt Medien für Unternehmen und schreibt Kindersachbücher

Kinder lieben Superhelden – wenn Sie sich eine Superkraft wünschen könnten, welche wäre das?

Anke Peterson: Ich würde gern das können, was jedes Computerprogramm kann: Befehl Z, also die letzte ausgeführte Aktion ungeschehen machen. Das würde das Chaos im Leben deutlich minimieren! Tasse runtergefallen – Befehl Z. Wieviel weniger Ärger hätten wir, wenn wir das könnten!

 

Das Interview führte Jenny Möller, Projektleiterin MINT- und Leseförderung.

Portrait von Jenny Möller
Autor/in: Jenny Möller

Ich bin in der Stiftung "Haus der kleinen Forscher" für das Grundschulmagazin „echt jetzt?“ verantwortlich. Besonders freue ich mich über glänzende Kinderaugen wenn „Wolken aus der Flasche“ kommen und ein „Regenwald im Glas“ wächst. Und ich setze gern Ideen und Formate um, die Kindern Lust auf Lesen und Forschen mit Natur und Technik machen. Privat mag ich Filme und Fotografie.

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