Erzieherinnen und Lehrerinnen sind MINT-Vorbilder

Eine Erzieherin sitzt mit drei Kita-Kindern an einem Tisch und forscht.
© Christoph Wehrer / Stiftung Kinder forschen
Erzieherinnen und Lehrerinnen sind schon heute MINT-Vorbilder. Sie fragen und hinterfragen, sie sind neugierig, auf der Suche nach eigenen Antworten und Blickwinkeln.

Vielfalt in Ausbildung, Studium und auch Berufen im Bereich MINT (kurz für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) ist wichtig, um Frauen und Mädchen für MINT-Berufe zu gewinnen – und zu halten. Eine Arbeitsgruppe des Nationalen MINT Forums hat jetzt dazu ein Positionspapier veröffentlicht, an dem auch die Stiftung "Haus der kleinen Forscher" mitgearbeitet hat. Vorständin Angelika Dinges erzählt im Interview, warum gendersensibles und klischeefreies Entdecken und Forschen so wichtig ist.

Warum ist es so wichtig, Mädchen und Frauen für MINT zu begeistern?

Zum einen können Mädchen und Frauen den derzeit herrschenden Mangel an Fachkräften zahlenmäßig lindern. Und das, wir wissen es, ist von großer Bedeutung, da der MINT-Bereich wichtige wissenschaftliche und technische Erkenntnisse, Ideen und Fortschritte liefern kann und soll, um mit den Herausforderungen unserer Zeit, wie dem Klimawandel, bestmöglich umgehen zu können. Das ist die eine Seite. Zugleich braucht der MINT-Bereich für diese Herausforderungen auch neue Ideen, andere Sichtweisen und unterschiedliche Herangehensweisen. Das kann nur eine Vielfalt leisten, zu der viele unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Blickwinkeln beitragen. Darum ist jede Anstrengung in dieser Richtung wichtig und sinnvoll.

Porträtbild von Angelika Dinges
© Steffen Kugler / Stiftung Kinder forschen
Vorständin Angelika Dinges

Im Kontext von MINT und Mädchen wird immer wieder nach MINT-Vorbildern gefragt. Sie bilden pädagogische Fach- und Lehrkräfte weiter – die sich mit ihrer beruflichen Ausrichtung auch nicht explizit für einen MINT- Fokus entschieden haben. Das passt irgendwie nicht, oder?

Doch, das passt gerade gut zusammen. Zunächst: Ja: Viele der pädagogischen Fach- und Lehrkräfte, die die Fortbildungen vom "Haus der kleinen Forscher" besuchen, sind zunächst zurückhaltend bis skeptisch, was ihre Fähigkeiten und ihr mögliche Rolle in der MINT-Bildung betrifft. Chemie, Mathe, Physik? Da winken einige ab, weil sie zu große Herausforderungen darin sehen. Aber ich kann sagen: Umso mehr sind nach einer Fortbildung bei uns richtige MINT-Fans. Sie erhalten über die Fortbildungen nicht nur Kenntnisse, sondern ganz konkrete Hilfestellung, wie sie die Neugier der Kinder auch für die Auseinandersetzung mit ganz alltäglichen MINT-Themen unterstützen und stärken können. Sie entwickeln dabei ein neues Selbstverständnis und eine Sicherheit mit den Kindern auch zu MINT begeistert zu entdecken und zu forschen. Genau dadurch werden sie zu MINT-Botschafterinnen.

Erzieherinnen und Lehrerinnen können die MINT-Vorbilder in Kitas, Horten und Grund-schulen sein, die wir so dringend brauchen. Und sie sind es an vielen Stellen auch schon. Sie fragen und hinterfragen, sie sind neugierig, auf der Suche nach eigenen Antworten und Blickwinkeln. Damit legen sie einen immens wichtigen Grundstein in der Bildungsbiografie der Kinder, die mit einem ganz neuen Verständnis von Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik durch ihr Leben gehen.

Erzieherinnen und Lehrerinnen sind die MINT-Vorbilder in Kitas, Horten und Grundschulen, die wir so dringend brauchen.

Angelika Dinges, Vorständin Stiftung "Haus der kleinen Forscher"

Warum hat das "Haus der kleinen Forscher" kein eigenes Angebot für Mädchen?

Weil das in Kindergarten und Grundschule eher kontraproduktiv wäre. Genderstereotype entwickeln sich erst später. Diesen Prozess sollten wir hier nicht schon fördern, indem Mädchen und Jungen getrennt entdecken und forschen. In diesem Alter ist die Welt einfach spannend und sollte frei davon entdeckt werden können. Ohne Wenn und Aber, mit viel Forscher- und Forscherinnengeist.

Jetzt gendern Sie. Aber die Stiftung nennt sich selbst noch immer "Haus der kleinen Forscher"…

Einer der Gründe dafür, warum Mädchen später weniger Interesse an Studiengängen oder Berufen mit MINT-Bezug haben, ist eben die fehlende geschlechtersensible Sprache. Zugleich ist der Name "Haus der kleinen Forscher" eine etablierte Marke, die man natürlich nicht so einfach austauscht. Aber, so viel kann ich schon verraten, wir schauen auch da gerade im Rahmen eines professionellen Markenprozesses sehr genau hin: Wir sind sensibilisiert und guter Dinge, einen guten und passenden Weg für die Bildungsinitiative zu finden.

Die Handlungsempfehlungen des Nationalen MINT-Forums

Die Arbeitsgruppe des Nationalen MINT-Forums hat sechs Handlungsempfehlungen skizziert, wo Politik und Gesellschaft ansetzen sollten:

  • systematische Integration von Genderkompetenz in Aus- und Fortbildungen von Fach- und Lehrkräften
  • kontinuierlicher Einsatz weiblicher Rollenvorbilder
  • entscheidende Gatekeeper im Blick: Eltern und Erziehende sowie die Peergroup
  • klischeefreie Berufs- und Studienorientierung in allen Phasen
  • Kontinuität der Maßnahmen und Vernetzung von Akteur*innen
  • eine geschlechtersensible Unternehmenskultur

Das Positionspapier finden Sie HIER.

 

Portrait von Mareike Mittelbach
Autor/in: Mareike Mittelbach

Ich bin Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in den Netzwerken bei der Stiftung Kinder forschen. Mein Lieblingsnetzwerk verbindet Menschen mit einer großartigen pädagogischen Sicht auf die Kinder und die Welt. Ich bin ein riesiger Fan jedes begeisterten Pädagogen und jeder begeisterten Pädagogin und liebe es, all ihre spannenden Geschichten von Forschungs- und Entdeckungsreisen, großen und kleinen Erkenntnissen zu erzählen.

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