404 – Informatikunterricht in Deutschland

Eine Lehrkraft schreibt das Wort "Computer" mit Filzstift auf einen bunten Zettel.
© Christoph Wehrer/Stiftung Kinder forschen

Informatik gehört in die Schulen, doch das liegt in weiter Ferne, wie der Informatik-Monitor vom Oktober 2023 zeigt. Das gilt auch für Grundschulen, obwohl die Kultusministerkonferenz das Gegenteil empfiehlt. Wieso Lehrkräfte nicht auf die Politik warten müssen, und schon heute tollen Informatikunterricht machen können, lest ihr hier.

Künstliche Intelligenz zieht mit ChatGPT in die Klassenzimmer ein und gerade einmal sieben Bundesländer bieten im neuen Schuljahr 2023/24 verpflichtenden Informatikunterricht an. Wie passt das zusammen? Informatik gehört zu unserem Leben und steckt zum Beispiel auch in diesem Artikel, den du wahrscheinlich auf deinem Smartphone oder Laptop liest. Die Buchstaben und Pixel rufst du über das Internet ab. Alles, was du siehst, besteht aus Nullen und Einsen, der Maschinensprache. Wir begegnen Informatik auch, wenn uns morgens das Smartphone weckt und wir auf dem Weg zur Arbeit von digitalen Werbeanzeigen begleitet werden.

Informatik ist überall, nur nicht im Unterricht. Gerade einmal jedes vierte Schulkind der Klassenstufen 5 bis 10 besuchte im vergangenen Schuljahr verpflichtenden Informatikunterricht und nur Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland erreichen die empfohlenen sechs Wochenstunden, wie der neue Informatik-Monitor des Stifterverbandes, der Heinz-Nixdorf-Stiftung und der Gesellschaft für Informatik zeigt.

Damit bleibt Informatikunterricht hinter den Empfehlungen von Expert:innen zurück. Auch die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) hat gemeinsam mit der Kultusministerkonferenz (KMK) im vergangenen Jahr verpflichtenden Informatikunterricht empfohlen – ab der Grundschule.

Informatik gehört in die Grundschule

Kinder sitzen in einer Grundschulklasse und schauen auf Smartphones.
© Christoph Wehrer/Stiftung Kinder forschen

Dafür ist es höchste Zeit, denn noch vor ihrem dritten Geburtstag beschäftigen Kinder sich mit Smartphones, so die Ergebnisse der aktuelle miniKIM-Studie (Kindheit, Internet, Medien) des Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest. Smartphones und Internetzugang sind in fast allen Haushalten mit Kindern zwischen sechs und 13 Jahren zu finden. Und laut der KIM-Studie aus dem Jahr 2022 surft jedes zweite Kind allein im Netz. Insbesondere Kinder, die im Elternhaus keinen Umgang mit informatischen Systemen erleben, könnten davon in der Schule profitieren.

Andere Länder machen es vor: Seit 2014 haben beispielsweise Kinder in Großbritannien ab der ersten Klasse das Fach "Computing". In Ländern wie Estland, Japan oder Australien steht Programmieren für Grundschulkinder ebenfalls auf dem Lehrplan. Insgesamt 28 europäische Länder bieten Informatik als Pflichtfach an, neun davon sogar ab der Grundschule.

Informatik unplugged

Vollgestopfte Stundentafeln und zu wenig Lehrkräfte sind wichtige Gründe für fehlenden Informatikunterricht in Deutschland. Unter Berücksichtigung der KMK-Empfehlungen, unterstützt der Bund die Länder und Gemeinden bereits dabei, digitale Bildungsinfrastruktur aufzubauen. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt: Die Bildschirmzeit von Kindern nimmt zu und das hat Folgen, die von Bewegungsmangel bis Übergewicht reichen. Diese Entwicklung ist besorgniserregend, denn in einer Welt, in der Medien vorwiegend im Sitzen konsumiert werden, haben Heranwachsende das Nachsehen.

Mädchen legt Bausteine auf eine Vorlage mit 0 und 1
© Christoph Wehrer/Stiftung Kinder forschen

Heißt das Stecker raus und doch kein Informatikunterricht? Zum Glück schließt das eine das andere nicht aus. Beispiele finden sich im Alltag: Wenn wir einer Person den Weg beschreiben, folgen wir ähnlichen Mustern wie beim Programmieren. Wenn wir ein Geheimnis haben, denken wir an Datenschutz. Deshalb braucht Informatikunterricht in der Grundschule keinen Computer. Kinder lernen auch so, wie Maschinen ticken. Beispielsweise, indem sie sich gegenseitig als Roboter „programmieren“ und mit konkreten Anweisungen das Klassenzimmer durchqueren. Oder indem sie Bilder nach Pixeln malen. Sogar sportlich können Kinder informatische Konzepte wie beispielsweise ein Sortiernetzwerk kennenlernen.

Nur wie soll man loslegen, wenn das alles neu ist? Weiterbildungen wären ein guter Anfang, doch angesichts der Bildungssituation ist das leichter gesagt als getan. Entlastende Angebote müssen her.

Von Binärcode bis künstliche Intelligenz

Nullen und Einsen auf einem Bild mit der Überschrift "Informatik als Abenteuer"
© Wigwam eG

Eine Hilfe können kostenlose Materialien sein, die Lehrkräfte ausdrucken und im Unterricht nutzen können. Ein Beispiel für die Klassenstufe drei und vier ist unser Bildungsangebot „Informatik als Abenteuer“. Hier forschen Lehrkräfte mit ihren Klassen in ein bis drei Schulstunden an verschiedenen informatischen Themen – vom Binärcode bis zur künstlichen Intelligenz. Zu den Materialien gehören Leitfäden zur Unterrichtsbegleitung, praktische Impulse und Aufgaben. Je nach Thema passen die Inhalte in den PC/ITG-, Sachkunde-, Mathe-, Sport-, Deutsch-, Technik- oder Kunstunterricht. So klappt Informatikunterricht unkompliziert in jedem Fach.

Portrait von Yvonne Thiele
Autor/in: Yvonne Thiele

Ich bin in der Stiftung für Kommunikation zuständig und arbeite unter anderem im Projekt "Informatik als Abenteuer" daran, dass informatische Bildung Spaß macht. Privat verlasse ich das Haus nie ohne ein Buch in der Tasche.

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