Alter Hase mit Forschergeist
Zu seinem Bewerbungsgespräch vor 15 Jahren brachte er einen Wasserbehälter, Knete und Schraubmuttern mit in die Stiftung, um zu zeigen, warum Schwimmen und Sinken spannende Phänomene sind. Stephan Gühmann ist ein alter Hase im "Haus der kleinen Forscher" und prägend an der Entwicklung der MINT-Fortbildungen beteiligt. Er sorgt zudem dafür, dass Trainerinnen und Trainer gut auf ihre Arbeit vorbereitet sind. Sein damals mitgebrachtes Experiment ist bis heute beliebt in Kitas. Manches läuft aber auch deutlich anders als früher.
Lieber Stephan, woran denkst Du als Erstes, wenn Du 15 Jahre "Haus der kleinen Forscher" hörst?
An gute Bildung – ganz allgemein. Also nicht unbedingt an MINT-Bildung oder Bildung für nachhaltige Entwicklung. Es steht immer diese große Frage im Raum: Wie funktioniert Bildung und Lernen? Und wie können wir Kinder daran teilhaben lassen?
Gibt es Menschen aus dieser Zeit, die Dich beeindruckt haben?
Oh ja, da gibt es mehrere. Pit Brüssel – Kunstpädagoge. Er hatte unser Fortbildungsteam gecoacht. Bei einem seiner Workshops stand er vorne und fragte anfangs nach unseren Erwartungen. Danach nahm er sein Workshop-Skript und zerriss es demonstrativ vor unseren Augen. Damit zeigte er, dass es allein auf die Erwartungen und Bedarfe der Fortbildungsteilnehmenden ankommt. Wir müssen auf unsere Zielgruppen eingehen. In meinem Fall sind das zu 95 Prozent die Trainerinnen und Trainer.
Auch unser damaliger Geschäftsführer Peter Rösner hat mich beeindruckt. Er hatte in den Anfangsjahren der Stiftung überhaupt keine Scheu, Ideen auszuprobieren – pragmatisch und unkonventionell. Er wollte immer wissen: Was können wir noch machen?! Dabei ließ er sich von allen möglichen Menschen inspirieren. Manchmal traf er Leute während einer Zugfahrt und brachte aus solchen Begegnungen eine neue Idee mit.
Später waren Prof. Wassilios Fthenakis und seine Arbeitsgruppe sehr entscheidende Ratgeber. Die haben uns frühpädagogisch auf Spur gebracht – salopp gesagt, weg vom spaßigen Experiment hin zum forschenden Lernen. Es gab damals auch Fachleute, die sagten, junge Kinder könnten sich nicht länger als 20 Minuten mit einem Experiment beschäftigen. Wir haben das nie geglaubt und nach einem Weg gesucht, den Spaß der Kinder am Forschen zu wahren und Fragen auch gerne länger nachzugehen.
Wenn Du das "Haus der kleinen Forscher" selbst als Experiment betrachtest: Hältst Du es für gelungen?
Bei einem Experiment steht am Anfang immer eine Frage: Was untersuchen wir? Worauf wollen wir eine Antwort finden? Als Forscher geht man da zunächst neutral heran. Damals hatten wir als Stiftung ein ganz banales Ziel: Die Leute in unseren Fortbildungen sollen gerne wiederkommen! Sie sollen Lust auf das "Haus der kleinen Forscher" haben, gerne dranbleiben und sich so schrittweise weiterentwickeln. Das ist uns gelungen. Beim Forschen gibt es allerdings kein Ende – das ist beim "Haus der kleinen Forscher" nicht anders. Wir befinden uns eben auch in einem Forschungskreis. Bis heute sind immer wieder Fragen dazugekommen, zum Beispiel nach der Wirksamkeit unserer Bildungsangebote oder den Kompetenzen, die eine Rolle spielen.
Ist auch mal richtig was schiefgelaufen oder völlig anders als erwartet?
Nicht wirklich. Aber ich finde, wir haben noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Wir könnten noch stärker auf die Bedarfe unserer Zielgruppen reagieren und versuchen, öfter agil zu arbeiten. Die Entwicklung unserer Grundschul-App "Potz Blitz!" ist ein gutes Beispiel – die ist zusammen mit Lehrkräften entwickelt und gerade ausgezeichnet worden. Wir sollten es auch mit Teil- oder Zwischenlösungen versuchen, mit denen wir auf besondere Bedarfe eingehen können. Ich würde auch gern intensiver mit den Trainerinnen und Trainern an neuen Themen arbeiten – sie haben viele gute Ideen.
(...) der pädagogische Ausbilder zu sein und dafür zu sorgen, dass Kinder gut lernen können ist eine vielseitige und anspruchsvolle Aufgabe. Das gefällt mir. Und da sind wir als Stiftung gut drin.
Stephan Gühmann
Man merkt Dir die Begeisterung am Forschen an: Warum arbeitest Du nicht als Forscher?
Ich war mehrere Jahre lang Wissenschaftler – und wollte das immer werden. Nach meinem Studium in Biologie und Biochemie habe ich mit 28 Jahren am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin zu HIV und Retroviren promoviert. Nach einiger Zeit als Post-Doc habe ich mich gegen eine klassische Forscherkarriere entschieden. Ich wollte Nawi-Lehrer werden und bin letztendlich an einer privaten Berufsschule gelandet, wo ich an der Ausbildung von Technikerinnen und Technikern beteiligt war. Zu dieser Zeit bin ich parallel auch von Grundschule zu Grundschule gegangen und habe als sogenannter Wasserbox-Experte mit Kindern zum Thema Wasser geforscht. Dann kam das Angebot vom "Haus der kleinen Forscher" – dort traf alles zusammen, was mir am Herzen lag: auf der einen Seite die Naturwissenschaften, und auf der anderen Seite Erwachsene und Kinder beim Lernen zu unterstützen. Gleichzeitig der pädagogische Ausbilder zu sein und dafür zu sorgen, dass Kinder gut lernen können ist eine vielseitige und anspruchsvolle Aufgabe. Das gefällt mir. Und da sind wir als Stiftung gut drin.
Wo soll Dich der eigene Forschergeist noch hinführen?
Das weiß ich nicht, aber ich werde es herausfinden. Eines Tages möchte ich auf jeden Fall zurück nach Sylt. Dort bin ich geboren und aufgewachsen. Und ich hoffe natürlich, dass es diese Insel noch lange geben wird. Genau wie das "Haus der kleinen Forscher".
15 Fakten zum Jubiläum der Initiative
Das "Haus der kleinen Forscher" wurde vor 15 Jahren gegründet. Zum Jubiläum präsentierten wir diesen Sommer 15 überraschende und wichtige Fakten.
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